MGV 1893 bis 2018
Die Idee entsteht am 15. Mai 1893
Kaufmann Albert Hug hatte schon längere Zeit den Wunsch, einen Gesangverein zu gründen. Bei der Geburtstagsfeier für Bürgermeister Fehrenbach im Gasthaus „Schwanen“ begeisterte er seine Freunde: den Schlosser Albert Trenkle, Karl Schultis und den Unterlehrer Ludwig Münch.
Die erste Probe findet am 1. Juni 1893 statt
Das erste Probenlokal war die Stube von Lehrer Ludwig Münch - „Trotz Bedenken der Reinhaltung seines Domizils“ - wie er damals meinte. „Ännchen von Tharau“ und „Du, du liegst mir im Herzen“ sind die beiden ersten Lieder. Unter der Leitung von Dirigent Albert Hug wurden weitere Lieder einstudiert: „Steh´ ich in finstrer Nacht“, Freiheit die ich meine“ und „Am Brunnen vor dem Tore“.
Offizielle Gründung am 14. März 1894
Beschwerde wegen Ruhestörung im April 1894
Der Lehrer und Kollege Herr Eisert beschwert sich beim Bürgermeister wegen des Lärms. Die Proben wurden daraufhin von der Schule in den „Ochsen“ verlegt.
Die Kasse wird am 2. September 1894 eröffnet
10 Pfennig vom Monatslohn musste jedes Mitglied einzahlen.
Der Vereinsname wurde am 17. November 1894 gefunden: „Gesangverein Eintracht Simonswald“
Erster Vorsitzender war Bürgermeister August Schultis. Erste öffentliche Auftritte gab es noch im selben Jahr in der Brauerei Blattmann. Bei der Primiz des Neupriesters Emil Trenkle sang der Chor um 4 Uhr 30 in der Früh „Waldandacht“ unter dem Lindenbaum.
Ein früher Tiefpunkt 1896 bis Herbst 1906
Mit wöchentlichen Proben hatte man versucht, die Sänger bei Laune zu halten. Doch die Zahl der Aktiven war auf 8 Sänger gesunken. Der Verein wurde für kurze Zeit aufgelöst. Der Kassenbestand von 50 Mark wurde unter den Mitgliedern aufgeteilt. Das Notenmaterial archivierte Sattlermeister Waldvogel.
Neugründung des Vereins bereits im Spätjahr 1907
Unterlehrer Knebel ergriff die Initiative. Die Zahl der aktiven und passiven Mitglieder stieg rasant an. Sattlermeister Waldvogel übernahm den Vorsitz. Bürgermeister Blattmann stellte den Rathaussaal als Probenraum zur Verfügung.
Umzug in die „Krone Post“ 1907/1908
Das Nebenzimmer in der „Krone-Post“ ist bis heute Probenraum und Vereinslokal. Der Zulauf war damals schon groß, so dass noch im selben Jahr eine Weihnachtsfeier ausgerichtet werden konnte. Das damals bekannte Liederbuch von Ignaz Heim wurde zur festen Grundlage. Erweitert wurde es durch Volkslieder.
Erste Theateraufführungen
Des Kaisers Geburtstag wurde vom Gesangverein bis zum Kriegsausbruch 1914 regelmäßig für größere Auftritte genutzt. Erweitert wurden die nationalen Veranstaltungen in Simonswald um Theateraufführungen mit militärisch-patriotischen Tendenzen.
Nicht nur an Kaisers Geburtstag wurde der Gesangverein zum kulturellen Mittelpunkt. Auch zur Fasnet wurden alle Vereine und die Bevölkerung eingeladen. Diese Feste waren in der damaligen Zeit Großveranstaltungen. Auch bei traurigen Anlässen sang der Chor und war aus dem Gemeindeleben nicht mehr wegzudenken.
Zweiter trauriger Tiefpunkt 1914
Der 1. Weltkrieg bedeutete das vorübergehende Aus für einige Jahre.
Fast alle Aktiven wurden zum Kriegsdienst gerufen.
Zögerlicher Wiederbeginn am 26. Januar 1922
Nach Ende des Weltkriegs und dem Zusammenbruch des Kaiserreichs 1918 war der Zusammenhalt im Verein verschwunden. Proben wurden nur noch mäßig besucht, sodass Dirigent Baldinger sein Amt zur Verfügung stellte. Die Generalversammlung am 26. Januar besuchten von 28 aktiven Sängern nur 13. Die meisten älteren Mitglieder hatten ihren Austritt erklärt.
Am 16. Februar 1922 startete man wieder durch
Von Januar bis Februar hatten die Vorstände Waldvogel, Paul Hug, Josef Baumer, Josef Schultis und Josef Baumann erfolgreich Mitglieder angeworben. Am 16. Februar traf man sich zu einer neuen Generalversammlung. Hauptlehrer Obert übernahm den Dirigentenstab und schon bald konnten die ersten öffentlichen Auftritte wieder organisiert werden. Die Mitwirkung der sogenannten „Felsenmusik“ brachte zusätzlichen Aufschwung. Im Herbst 1923 machte die Inflation Musik unbezahlbar. Die völlige Geldentwertung leerte die Vereinskasse voll-ständig. Noten konnten nicht mehr angekauft werden und schließlich gab der Dirigent im Herbst 1923 auf.
Geldaufwertung und die Fusion mit dem Orchester sichern den Verein
Am 1. Mai 1924 erhielt der Verein den Namen „ Musik- und Gesangverein Eintracht Simonswald“. Dirigent Eugen Kontermann aus Waldkirch gelang das Kunststück, alle Orchestermusiker auch als aktive Sänger zu gewinnen. Dies gab nicht nur dem Chor neuen Auftrieb, sondern sicherte auch den Fortbestand des Orchesters, der stark auf der Kippe stand. Dunkelgrün und Weiß wurden die Vereinsfarben, die an die Wälder im Simonswäldertal und seine schneebedeckten Berge erinnern sollen. Eine goldene Lyra und ein goldener Tannenzapfen wurden zu Vereinssymbolen.
Die Vorgeschichte der „Felsenmusik“ konnte durch diesen Zusammenschluss fortgeführt werden. 1919 war sie entstanden. Franz Schonhardt hatte Vorkenntnisse im Violinen-Spiel, Rudolf Wallmach als Leiter des Orchesters spielte Flöte ebenso wie Georg Furtwängler. In dieser Zusammensetzung probte man im Winter bis zur ersten Aufführung an Silvester 1919. Entgegen aller Skepsis kauften die Drei am 19.3.1920 ein Cello für 1211,25 Mark, das Furtwängler übernahm. Als Violinist kam der Alt-Bärenwirt Franz Trenkle hinzu.
Die Euphorie war groß und man kaufte für den „Schumachersepp“ einen Kontrabass. August Fehrenbach kam als Violinist hinzu und weitere fünf Musiker. Die meisten Instrumente finanzierte Franz Schonhardt, darunter die große Trommel, die Franz Stratz schlug, eine Flöte für Jochen Baumer und eine Klarinette für seinen Bruder Karl.
Musik, Gesang und Theater gemeinsam auf der Weihnachtsbühne im Januar 1925
Bis heute gelingt das Zusammenspiel der drei Kunstrichtungen in unterschiedlichen Konstellationen.
Auszeichnung für den Verein im Juni 1928
Eine Abordnung des Vereins fährt zum deutschen Sängerfest nach Wien. Für die Teilnahme wurde dem Verein die „Schubertmedaille“ verliehen.
Fahnenweihe, Festumzug und Festbankett mit 30 Vereinen vom 6. bis 8. Juli 1929
Für die Übergabe der geweihten Fahne wurde ein „Zwiegespräch“ zwischen Festjungfrau Anna Baumer und Fähnrich in heimischer Sprache verfasst. Der Vereinsgründer Albert Hug hielt eine „launige Rede mit alten Erinnerungen“.
1928 schließt man sich dem Badischen Sängerbund an
Freude und Trauer im Vereinsjahr 1930
Der Vereinsgründer Albert Hug starb am 18.5.1930. Er durfte noch erleben, dass die Zahl der aktiven Sänger auf 34 und die Zahl der Orchestermitglieder auf 11 gestiegen waren. Bis zur kommenden Krise 1933 stieg die Zahl der „Eintracht-Mitglieder“ auf 43 an.
Das politische Klima änderte sich ab 1933. Das Vereinsleben muss sich anpassen
Die nationalsozialistischen Machthaber zwangen den Verein, den 1. Vorsitzenden „Vereinsführer“ zu nennen. Man musste an vorgeschriebenen Kundgebungen der neuen Machthaber teilnehmen. „ Kraft durch Freude- Urlauber“ kamen ins Tal und wurden durch bunte Abende unterhalten. Am 15.10.1935 nahmen 15 Vereinsmitglieder in Karlsruhe am Sängerfest teil, zu dem rund 12000 Sänger aus dem gesamten Reich anreisten. Am 28. Juli 1937 fuhren vier Sänger aus Simonswald zum 12. Deutschen Bundessängerfest nach Breslau. Bei ihrer Rückkehr wurden sie unter der Linde vom gesamten Verein mit dem Sängerspruch „Grüß Gott, mit hellem Klang“ empfangen.
Dritter Tiefpunkt: Das Vereinsleben erneut auf dem Nullpunkt
1939 stirbt der Dirigent Eugen Kontermann bei einem Verkehrsunfall. Die meisten Sänger wurden am 26. Januar 1939 zur Wehrmacht einberufen. Bis zum Kriegsende im Mai 1945 gab es kein Vereinsleben.
Neugründung des Vereins am 3. Mai 1947
In der ersten Generalversammlung wurde Fritz Baumer zum 1. Vorstand gewählt. Das Frühjahrskonzert musste wegen der komplizierten und langwierigen Genehmigungen durch Landratsamt und Militärregierung auf den Oktober verschoben werden.
Bei der Weihnachtsfeier kam das Singspiel „Wer ein schwarzbraunes Mädel liebt“ zur Aufführung. 42 Sänger und 18 Orchestermitglieder probten wieder wöchentlich.
Die erste Mark rollt am 15. September 1948
Bei einem Ausflug zum Kandel trafen die Sänger auf einen Elsässer. Der war vom Gesang gerührt und spendet spontan 20 DM. Ein großes Geschenk, wenn man bedenkt, dass bei der Währungsreform am 26.6.1948 pro Kopf 40 DM ausbezahlt wurden.
1953 wurde das 60-jährige Jubiläum gefeiert
An den drei Pfingsttagen wurde im Trockenschuppen der Kronensäge gefeiert. Hauptfesttag war der Pfingstmontag, 25. Mai 1953, an dem um 13:30 Uhr ein Festumzug gemacht wurde. Er startete am Gasthaus Deutscher Hof und ging bis zur Kronensäge.
1954 Eröffnung des neuen großen Saales in der „Krone-Post“
Die Mitglieder des MGV waren begeistert. „ ... kann man doch jetzt für seine Veranstaltungen wesentlich mehr Zuschauer unterbringen“.
1957 schloss sich der Verein ...
... dem Deutschen Sängerbund an. Bis 1968 folgen Doppelkonzerte mit Chören aus Köln, Mannheim, Fraulautern/Saar und Wadgassen/Saar.
24.1.1970 legte Rektor Karl-Friedrich Gießler ...
... nach 22 Jahren den Dirigentenstab nieder und wird zum Ehrendirigenten ernannt.
1987 wurde der Frauenchor gegründet
„Die jungen Chöre entstehen als Erwachsenenchöre innerhalb von tradierten Trägervereinen mit modernem, oftmals internationalem Repertoire. Das Potpourri an Stilen überschreitet ganz bewusst tradierte musikalische Grenzen und öffnet sich Neuem, sicht- und hörbar etwa bei den Jazz- oder Gospelchören,“ stellt der Badische Chorverband mit Blick auf die Situation ab 1971 in seiner Chronik „150 Jahre-Gemeinschaft, Leidenschaft, Musik.“ auf Seite 89 fest.
Es dauerte bis 1987, dann sorgten die Frauen im MGV für neuen Aufschwung. Der Badische Sängerbund beklagt 1987 einen Rückgang an männlichen Stimmen um 20 000 innerhalb von zehn Jahren. Mehr als ausgeglichen werden konnte die Mitgliederzahl im selben Zeitraum durch den Zuwachs an 50000 weiblichen Stimmen im Gesamtverband. In Simonswald beschleunigten immerhin 18 Frauen diesen Aufwärtstrend durch Gründung eines Frauenchores
Glückliche Umstände führten zur Gründung. Für die beliebten Heimatabende wurden seit den 60er Jahren Frauen und Kinder benötigt. Brauchtumsvorführungen, Trachtenschau und Tanz - ohne Frauen unvorstellbar. Bei den Heimatabenden traten viele Sänger-Frauen auf. Ums befristete Sorgerecht für die Kinder wurde nicht lang gestritten - die Kleinen wurden einfach mit auf die Bühne gebracht und der Familienfriede blieb gewahrt. Man lernte sich kennen, hatte Spaß am Miteinander gefunden.
Das geschah nach einem Gottesdienst mit Beteiligung des Männerchores auf dem Ibichhof. Am 1. September 1987 probten 18 Frauen zum ersten Mal.
Noch sehr traditionell muten die ersten Lieder an: „Die Blümelein sie schlafen“, “Bunt sind schon die Wälder“ oder „Das Glöcklein“.
Die Entwicklung zum eigenständigen Frauenchor wurde noch durch zwei weitere Umstände begünstigt. Der klassische Männerchor lehnte die Beteiligung von Frauen ab. So blieb als Ausweg die Unabhängigkeit, wollte man die geselligen Zusammenkünfte nicht wieder verlieren.
Sprecherin der Frauengruppe im MGV war Annemarie Schindler. Auch wenn die Männer nicht mit den Frauen gemeinsam singen wollten, gab es für den Frauenchor anfangs vom gesamten Verein viel Unterstützung. Den meisten war bewusst, was die Glocke geschlagen hatte, und dass sich der Verein erneuern musste.
Für den Fortbestand des Vereins waren das günstige Voraussetzungen, wie sich von heute aus in der Rückschau feststellen lässt.
1993 100 Jahr Feier und Verleihung der Zelter-Plakette
Die Zelter-Plakette wurde 1956 von Bundespräsident Theodor Heuss als staatliche Auszeichnung gestiftet, um Chorvereinigungen auszuzeichnen, die sich um die Chormusik und das Volkslied verdient gemacht hatten.
1999 Frauen und Männer schließen sich zusammen zum gemischten Chor
Die weiter sinkende Zahl an Sängern machte den Zusammenschluss von Männerchor und Frauenchor möglich.
2005 Gründung des Pop- und Jazzchors Virtuos Voices
Ohne diesen gemischten Chor mit seiner Überzahl an weiblichen Stimmen und seinem internationalen Repertoire hätte der MGV Eintracht Simonswald heute sehr wahrscheinlich ähnliche Probleme wie in vielen umliegenden Gemeinden, wo sich die klassischen Männerchöre auflösen, weil sie sich zu spät für Frauen und für moderne Musik wie Pop, Soul, Jazz und Gospel geöffnet haben. Diese Befürchtung, die für Simonswald nun nicht Wirklichkeit wird, äußerte der Badische Sängerbund in einem Gutachten von 1987.
„Das Durchschnittsalter der Chormitglieder liegt 2018 bei 51 Jahren. Obwohl viele von ihnen mit der Zeit gehen, beispielsweise durch die Gründung von gemischten Chören, jungen Chören, Jugend- und Kinderchören, aber auch durch den Wandel im Liedgut und die Aufgabe einiger altbackener Gepflogenheiten, sehen die Zukunftsszenarien trist aus: So prognostiziert eine Studie des Karlsruher Zentrums für Musik und Freizeitforschung 1989 das Aus für die Gesangvereine bis zum Jahr 2030 für den Fall, dass sich am altmodischen Image der Vereine nichts ändert.“
Das waren die einstudierten Titel auf der ersten VV-Probe am 12.Mai 2005: „Somebody`s Knocking at Your Door“, „Something Stupid“, „Jamaica farewell“ und später kamen mehrere leichte Gospels hinzu.
Einig war man sich schon vor der ersten Probe in dem Wunsch, eine junge Chorleiterin finden zu wollen. Tracey Webb-Kolbinger war bereit, diese Aufgabe zu übernehmen. Sie fragte in ihrer ersten Mail am 25.4.2005 besorgt bei den beiden Leitern des Chores, Annemarie Schindler und Franz Baumer, an: „Haben Sie genügend Leute zusammen getrommelt? Ohne drei bis vier Stimmen in jedem Register (Sopran, Alt, Tenor, Bass) wird der Erfolg und die Begeisterung in der ersten Probe nicht gewährleistet.“ Im gemischten Chor sangen damals 12 Stimmen, heute sind es rund 40 Sängerinnen und Sänger. Die Sprecher des Pop- und Jazzchors Virtuos Voices übernahmen Annemarie Schindler und Franz Baumer ab 2005.
2011 wurden die Virtuos Voices beim 9. Badischen Chorwettbewerb, des Badischen Chorverbandes, als „Konzertchor Jazz/Pop“ ausgezeichnet.